Mechanische Musik

Mit grosser Wahrscheinlichkeit ist jeder von uns im Laufe seines Lebens schon einem mechanischen Musikinstrument begegnet. Wir erinnern uns an die kleine Kurbelspieldose mit einem Kinderlied, die klanggewaltigen Karussell- oder Strassenorgel an einem Fest oder den Drehorgelspieler in der Stadt.

Spieldosen, Dreh- und Karussellorgeln sind Beispiele für mechanische Musikinstrumente, denen wir heute noch da und dort in unserem Alltag begegnen können.

Mechanische Musik umfasst jedoch noch rund 300 weitere Instrumentengattungen. Einige haben einen besonders hohen musikalischen Anspruch, andere wiederum erfreuen uns mit, beschwingter Unterhaltung. Die meisten sind lange aus unserem Alltag- und Blickfeld verschwunden.

Innenansicht einer Bremond Spieldose mit Trommel und Glocken und einer Showglocke als Musikstückanzeige

Im späten Mittelalter beginnt die eigentliche Geschichte der mechanischen Musik, indem ab dem 13.Jhd. erste mechanisch gesteuerte Glockenspiele aufkommen. Sie werden in den Kirch- und Uhrentürmen der grossen Städte installiert und bringen etwas Musik in den tristen Alltag. Erhaltener Zeuge dieser mechanischen Kunst ist die astronomische Uhr mit Figuren- und Glockenspiel im „Zytglogge-Turm“ in der Berner Altstadt, deren Ursprung ins frühe 15. Jhd. zurück geht.

Mit hoher Kunstfertigkeit werden ab 1650 immer aufwändigere mechanische Musikinstrumente und Automatenuhren als Sonderanfertigungen entwickelt. Kurz vor 1800 beginnen Manufakturen mechanische Musikinstrumente in kleinen Serien herzustellen. Auch diese feinmechanischen Kunstwerke bleiben einer reichen oder adligen Käuferschaft vorbehalten.

Das 19. Jahrhundert steht ganz im Zeichen der mechanischen Musik. Während davor nur wenige in den Genuss musikalischer Unterhaltung kommen, können sich durch die Errungenschaften der Industrialisierung auch weniger gut Betuchte ein mechanisches Musikinstrument leisten und Musik „auf Knopfdruck“ zuhause hören. Ab 1895 führt die schnell voranschreitende Verbreitung des Grammophons zum langsamen Ende der mechanischen Musik. Kurz vor dem zweiten Weltkrieg ist die Ära des mechanischen Musikinstruments als Unterhaltungsgerät für alle Bevölkerungsschichten zu Ende. Auch das Grammophon hat wenige Jahre später ausgedient und bald treten immer neue „Medien“ an seine Stelle... Heute sind wir gewohnt, selbstverständlich jederzeit und an jedem Ort auf Knopfdruck Musik hören zu können.

Zytglogge Turm in der Berner Altstadt

Was bleibt? Die Faszination an mechanischer Musik in all ihren Facetten. Die Bewunderung für kunsthandwerkliche Höchstleistungen, welche technische Apparate wie von Zauberhand musizieren lassen.

Mechanische Musikinstrumente bleiben technisch, musikalisch und geschichtlich faszinierende Objekte. Die Mitglieder des Vereins „Schweizer Freunde Mechanischer Musik“ haben sich zum Ziel gesetzt, diese Zeugen einstiger Volkskunst, auch aus unserem Land, nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.

Im Dezember 2020 hat die UNESCO das Uhrmacherhandewerk und die Kunstmechanik (Herstellung von Automaten und Musikdosen) im Jura in die repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit eingetragen.